Erfahrungen der Vizepräsidentin des Europäischen Schwerhörigen-Verbandes, L. Best

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Lidia Best ist seit ihrem zwölften Lebensjahr von Schwerhörigkeit betroffen. Heute benutzt sie ein Cochlear Implantat, ist Vizepräsidentin des Europäischen Schwerhörigen-Verbandes (EFHOH) und arbeitet daran, die Lebens-Bedingungen für schwerhörige Menschen zu verbessern.

Brüssel, -9. Juli 2018 – Lidia Best wurde mit einem vollen Gehör in Polen geboren. In den späten siebziger Jahren erkrankte sie im Alter von zwölf Jahren an Morbus Menière (Menière-Krankheit) und erlitt einen teilweisen HörVerlust. Heute lebt Lidia Best in Großbritannien und arbeitet in der Londoner Mode-Industrie als eine Bekleidungs-Handwerkerin.

Lidia Best hat HörGeräte benutzt bis sie in ihrem späteren Leben ihr restierendes Gehör verlor. Heute benutzt sie ein Cochclear Implantat.

„Das Implantat hat mir in den letzten zehn Jahren enorm geholfen. Es hat es mir möglich gemacht, trotz meiner Schwerhörigkeit im Alltag weiter gut zu funktionieren”, sagt Lidia Best.

Meine Schwerhörigkeit war keine Behinderung

„Um ehrlich zu sein habe ich es niemals zugelassen, daß meine Schwerhörigkeit mich davon abhält, das zu tun, was ich wollte. Meine Familie und meine Freunde haben mir niemals das Gefühl gegeben anders zu sein und da ich von Natur aus eine selbtbewusste Person bin gehe ich offen mit HörProblemen um. Alle meine Freunde und Kollegen auf meiner Arbeit sind sich genau darüber im Klaren, daß ich ein „besseres Ohr” habe, was manchmal zu sehr komischen Situationen führen kann. Aber all dies hat damit zu tun, daß ich sehr durchsetzungsfähig bin und ich sehr gut darin bin herauszufinden, was für mich am Besten ist.”

„Ich wende einfache Strategien an. Zum Beispiel setze ich mich ans Tischende, sodaß ich die Lippen aller Anwesenden sehen und Lippenlesen kann. Bei Restaurant-Besuchen suche ich mir die ruhigen Plätze aus, wo ich mit den Hintergrund-Geräuschen besser klar komme. Darüber hinaus benutzt der Prozessor meines Implantats die ganze Zeit ein intelligentes System, das sich den veränderten Umgebungen anpasst. Wenn ich an intensiven Sitzungen teilnehme benutze ich assistierende HörSysteme und Untertitel.”

Vizepräsidentin der EFHOH

Seit dem Jahre 2014 ist Lidia Best Vizepräsidentin des Europäischen Schwerhörigen-Verbandes (EFHOH).

Die Zielsetzung des Verbandes ist es, ein barrierefreies Europa für alle Menschen mit HörProblemen in allen Lebens-Bereichen – in der Schule, auf der Arbeit und während der Rente – zu erreichen. Der EFHOH strebt danach, Politiker und Entscheidungsträger zu beeinflussen und mit möglichen Partnern auf einem europäischen Level zusammenzuarbeiten, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Bedürfnisse von schwerhörigen Menschen zu lenken und praktikable Lösungen zu finden, von denen alle, die aufgrund ihrer HörProbleme spezielle Bedürfnisse haben, profitieren können.

„Wir beobachten immer noch Stigmatisierung und ein MissVerstehen von Schwerhörigen und darüber hinaus einen Mangel an vernünftigen Änderungen für Menschen, die HörProbleme erleben.”, hält Lidia Best fest.

„Persönlich unterstütze ich die Arbeit des EFHOH-Vorstandes in der Entwicklung der EFHOH-Politik und -Strategie, des öffentlichen Redens und der Vorbereitung unserer Beiträge für die öffentlichen Konsultationen. Ein Teil meiner Arbeit ist es, feste Zusammenarbeit auf einem internationalen Niveau zu entwickeln und unsere europäische Stimme vor die UN-Vertretungen, unter anderen die WHO (Weltgesundheits-Organisation) oder den Weltnachrichten-Verein (ITU), zu bringen.”

Die Essener Vereinbarung

„Einer der Meilensteine der EFHOH ist die Essener Vereinbarung, die im Jahre 2015 getroffen wurde. Die Vereinbarung ist eine vereinte Erklärung der Gesellschaft der Schwerhörigen in der europäischen Union. Die Vereinbarung fordert die europäischen Regierungen dazu auf, Zugang zu kostengünstigen, qualitativ guten und professionell getesteten HörGeräten und assistierenden HörSystemen zu garantieren und professionelle Beratung zu leisten, die eine erfolgreiche Verwendung dieser Geräte unterstützt.”

UN Behindertenrechts-Konvention

Die Essener Vereinbarung baut auf die UN Behindertenrechts-Konvention (UN CRPD) auf. Die Konvention ist auch für Schwerhörige von Bedeutung, wie Artikel 1 zeigt: „Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnes-Beeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.”

Zugang zur HörTechnik

„Ein anderer wichtiger Aspekt ist die eigene Entscheidung, Rehabilitation und die Qualität der Anpassung des HörGerätes. Wir sind der Überzeugung, das ein jeder Zugang zu solchen HörGeräten haben sollte, wenn der Bedarf besteht, um ein unabhängiges Leben führen, eine Ausbildung abschließen und eine Arbeit haben zu können.”

„Die Essener Vereinbarung hält fest, daß dieser Zugang für 51 Millionen Schwerhörige in der Europäischen Union am besten durch eine vom Staat unterstützte Bereitstellung von HörGeräten und HörSystemen geleistet wird.”

„In Europa haben wir eine staatlich gestützte allgemeinen Kranken-Versicherung und andere Möglichkeiten der finanziellen Rückerstattung beim Kauf von HörGeräten. Während es viele verschiedene Möglichkeiten einer solchen Rückerstattung gibt, haben sie alle eins gemeinsam: Sie sind oft Teil einer Kranken-Versicherung, die vom Staat befürwortet wird. In der Praxis bedeutet dies, daß alle EU-Mitgliedsstaaten dafür sorgen müssen, daß Anschaffungs-Kosten keine Barriere für die Möglichkeiten von Schwerhörigen darstellen.”

Für unsere Rechte

„Wir Schwerhörigen müssen uns weiterhin für unsere Rechte einsetzen und uns in die Entwicklung von politischen Vorschlägen, die uns direkt betreffen einmischen.”, hält Lidia Best fest.

Europäischer Schwerhörigen-Verband