Was macht die Digitalisierung im Gesundheits-Handwerk heute?

Anlässlich des 62. Internationalen Hörakustiker-Kongresses vom 18. bis 20. Oktober 2017 in Nürnberg spricht Marianne Frickel über Digitalisierung und das HörAkustiker-Handwerk. Marianne Frickel ist Hörakustiker-Meisterin und Präsidentin der Bundesinnung der HörAkustiker.

Wie viel Digitalisierung steckt in der HörAkustik?
Die Digitalisierung ist in unserem Beruf längst Alltag und wird an der Akademie für HörAkustik (afh) in Lübeck auf dem höchsten Stand der Technik gelehrt. Ohrpaßstücke für HörSysteme oder der paßgenaue Gehörschutz werden bereits digital hergestellt und vom 3D-Drucker ausgedruckt.
Per Computer-unterstützter Anpassung wird das HörSystem perfekt auf den HörVerlust des Kunden eingestellt. Denn ein HörVerlust betrifft meist nur einzelne Frequenzen. Die ermittelt der Hörakustiker durch verschiedene Hörtests und gleicht sie dann aus. Erst damit kann aus dem Hören wieder Verstehen werden.
Denn Hören ist nicht gleich verstehen. Schwerhörige hören noch, aber eben nicht mehr alles. Meistens fallen als erstes die stimmlosen Laute wie F, S und T weg. Fisch oder Tisch, Eis oder Ei werden unüberwindbare Probleme. Eine Zeitlang kann das Gehirn noch kompensieren. Am Ende ist das Verstehen aber nicht mehr möglich. Nachdem der HörAkustiker den genauen Verlust bestimmt und das HörSystem  präzise angepasst hat, trainiert er gemeinsam mit dem Kunden wieder das Verstehen. Aus Ei wird wieder Eis, aus Fisch der Tisch.
Aber es ist noch mehr „Verstehen“ möglich. Je nach Wunsch kann sich der Kunde weitere Funktionen dazu programmieren lassen. Die Anbindung des HörSystems an das Handy per Bluetooth beispielsweise. So telefoniert der HörSystemträger mit seinem HörSystem oder empfängt mit ihm Sprachnachrichten. Er kann sich mit seinem smarten Zuhause verbinden und per HörSystem Apps auf seinem Handy nutzen, beispielsweise Simultanübersetzungs-Apps. Der HörAkustiker eröffnet ihm neue Möglichkeiten. Französisch, Spanisch, Hindi oder Mandarin – es gibt keine Grenzen!
Hintergrund zum HörAkustiker-Handwerk
In Deutschland gibt es etwa 5,4 Millionen Menschen mit einer indizierten Schwerhörigkeit, Tendenz steigend. Schwerhörigkeit zählt zu den zehn häufigsten gesundheitlichen Problemen. Mit 6.200 HörAkustiker-Betrieben und ca. 14.500 HörAkustikern versorgt das HörAkustiker-Handwerk ca. 3,5 Millionen Menschen in Deutschland mit qualitativ hochwertigen, volldigitalen HörSystemen. Die Bundesinnung der HörAkustiker (biha) K.d.ö.R. vertritt die Interessen der HörAkustiker in Deutschland.
Neben der Erstversorgung des Kunden ist der HörAkustiker auch für die begleitende FeinAnpassung mit wiederholten Überprüfungen und Nachstellungen der HörSystem-Funktionen zuständig. Daneben organisiert er – wenn der gesetzliche Anspruch besteht – die KostenÜbernahme durch die gesetzlichen KrankenVersicherungen und steht für Wartung und Reparaturen der HörSysteme bis zu einem gewissen Grad zur Verfügung.
Darüber hinaus berät er zu Gehörschutz und speziellem technischem Zubehör. Der HörAkustiker verfügt über Wissen aus der Akustik, Audiologie, Psychologie und HörSystem-Technik und über praktische Fertigkeiten zur Audiometrie.